Stimmen aus dem Ausland zum Mietendeckel in Berlin

Die Stimmen aus dem Ausland zum Berliner Mietendeckel kamen sofort, nachdem der Senat beschlossen hatte, dass die Mieten in den nächsten fünf Jahren in der deutschen Hauptstadt nicht mehr angehoben werden dürfen. Die US-amerikanische „Washington Post“ bezeichnete Berlin als ein „Niedrigmieten-Mekka“ seit der Wende. Der britische „Guardian“ zeigt indes einen Anflug von Verständnis, denn die Mietpreise seien in den letzten Jahren so stark angestiegen, dass viele Menschen gezwungen waren, sich außerhalb der Hauptstadt niederzulassen. 


Der englische „Daily Mirror“ aus London lässt Experten zu Wort kommen, die sich überwiegend kritisch äußern. Die Immobilienexpertin Gemma Burgess von der University of Cambridge schlägt genau den entgegengesetzten Weg, den der Berliner Senat gegangen ist, vor. Sie würde erst einmal das Angebot deutlich erhöhen, bevor sie die Mieten reguliert. Tom Gatzen, Mitbegründer der Vermittlungsplattform Ideal flatmate spricht sogar von einer „Kernschmelze auf dem Häusermarkt“.
Besonders kritisch äußert sich Bloomberg, die amerikanische Nachrichtenagentur. Investoren werden abgeschreckt, Häuser werden nicht mehr saniert, Neubauten werden nicht in Angriff genommen. Die deutsche Hauptstadt riskiere „die Rückkehr der Arm-aber-sexy-Ära“. Die sowjetische Vergangenheit der Stadt komme wieder zum Vorschein. Des Weiteren verweist Bloomberg auf die verpassten Chancen Berlins auf dem Immobilienmarkt. Dazu zählen die gescheiterte Randbebauung am ehemaligen Flughafen Tempelhof, das Airport-Fiasko des neuen BER und auch das Stadtschloss, das an den Bedürfnissen der Einwohner der Stadt vorbeigehe. 


Auch das US-Magazin „Forbes“ sieht in dem neuen Gesetz „eine der extremsten Entscheidungen, die eine westliche Hauptstadt in letzter Zeit getroffen hat“. Ganz ähnlich reagiert die Gulf Times aus Quatar: „einer der radikalsten Pläne zur Bekämpfung steigender Wohnkosten“. 
Das amerikanische Onlinemagazin „Slate“ verweist auf die Konsequenzen des Mietendeckels Berlin. Die Immobilienfirmen werden davon abgehalten, in ihre Wohnungen zu investieren und diese in einem guten Zustand zu halten. Weiterhin, so mutmaßt das Magazin, werden die Neubauaktivitäten zurückgehen. Es wird die interessante Frage gestellt, was wohl passieren wird, wenn eines Tages das Mieterhöhungsverbot wieder aufgehoben werden wird. 

Mietendeckel in Berlin: Folgen Paris und London?

Die britische New Economists Foundation in London gehört zu den wenigen Stimmen, die sich positiv äußern. Berlin wird in der linksliberalen Londoner Denkfabrik als Vorbild für London gesehen. Mietpreiskontrollen zählten „zu den Instrumenten, die eine Regierung anwenden sollte“. Genau aus diesem Grund ist man begeistert von dem, was in Berlin passiert und hofft auf Nachahmer in London. 
In Frankreich wird von den Medien der revolutionäre Charakter der Maßnahme hervorgehoben. Besonders „Le Monde“ unterstreicht diesen revolutionären Aspekt, verweist aber auch darauf, dass die Mieten in Paris dreimal so hoch sind wie in Berlin, auch wenn der Preisdruck in der deutschen Hauptstadt in den letzten Jahren enorm gestiegen sei. 

Die Züricher NZZ fragt, wer denn noch in der Hauptstadt Wohnungen bauen will, wenn niemand wisse, wie es in fünf Jahren weitergehen wird. Als nächsten Schritt werde wohl die Enteignung großer Wohnungskonzerne gefordert. 
„Hospodarske noviny“ aus Prag sieht in der Mietenregulation keine gute langfristige Lösung, um der Wohnungskrise zu begegnen. Allerdings die einzig wirksame Maßnahme. Berlin leidet wie Prag an einem sehr hohen Zuzug von Einwohnern. Immerhin 40.000 bis 50.000 Menschen ziehen jedes Jahr nach Berlin. Der Wohnungsbau kann nicht mithalten und somit ist diese kurzfristige Lösung besser als gar nichts zu tun. In Prag werde nur geredet, in Berlin unternimmt man immerhin etwas. 


Die „Gazeta Wyborcza“ aus Warschau, die größte Zeitung Polens, verweist auf die Auswirkungen an der Börse. So sind die Aktien großer Wohnungskonzerne um mehrere Prozent gefallen. Man wirft der Berliner Regierung vor, Problemlösungen der einstigen DDR-Planwirtschaft wiederzubeleben. Damit greift man die Linken an, die in Berlin mitregieren und die als Erben der kommunistischen Partei der DDR angesehen werden. 
„Bezprawnik“ aus Polen blickt auf die Verhältnismäßigkeit und hebt hervor, dass gemessen an den Lebenshaltungskosten das Mieten einer Wohnung in Warschau sehr viel teurer ist als in Berlin. Zugleich wird aber auch betont, dass eine ähnliche Lösung für die polnische Hauptstadt undenkbar sei. 


Interessant auch die Sichtweise der rumänischen Zeitung „România Liberӑ“, die auf die Bedeutung der Mietpreise in Deutschland verweisen. In Rumänien leben ca. 96 Prozent der Menschen in ihrem Eigentum, der höchste Prozentsatz innerhalb der EU. In Deutschland lebt über die Hälfte der Menschen in angemieteten Wohnungen oder Häusern. 

Mietendeckel in Berlin: Ein Resümee 

Die staatlichen Eingriffe am deutschen Wohnungsmarkt werden im Ausland genau verfolgt. Es überwiegen die kritischen Stimmen, die Ablehnung sowie die Warnung vor den Folgen des Mietendeckels. Offensichtlich sind die Vergleiche mit anderen Hauptstädten, bei denen Berlin im Hinblick auf den Mietpreis immer noch gut abschneidet. Die Mieten in London, New York oder Paris sind seit Jahrzehnten auf einem sehr viel höheren Niveau als in Berlin. Einig sind sich die Kritiker darin, dass der Mietendeckel in Berlin das Wohnungsproblem wohl nicht lösen, sondern maximal vertagen wird.